Das neue Canyon Spectral:ON CF8 verspricht fast endlosen Spaß durch einen riesigen 900-Wh-Akku. Und ist dabei noch verpackt in ein leichtes Paket, das mit 6.299 € weder ein Loch in den Geldbeutel reißt noch die Anzeige der Waage sprengt. Ist das neue Canyon also der Tausendsassa schlechthin oder gibt es einen Haken?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2022 bis 6.500 € – 11 günstige Modelle im Test

Canyon Spectral:ON CF8 | Shimano EP8/900 Wh | 150/155 mm (v/h)
23,94 kg in Größe L | 6.299 € | Hersteller-Website

Das neue Spectral:ON CF 8 vom Direktversender Canyon macht Eindruck: Nicht nur das moderne Design ließ unsere Herzen schneller schlagen, auch die Eckdaten klangen fast zu schön, um wahr zu sein. Es ist mit einem 720-Wh- oder einem 900-Wh-Akku für 300 € Aufpreis erhältlich – dem größten Akku im Vergleichstest. Tschüss, Reichweitenangst! Gleichzeitig wurde das Carbon-Bike voll auf Spaß getrimmt: Es fährt sich dank cleverer Gewichtsverteilung leichtfüßiger, als es die 23,9 kg Gewicht in Größe L vermuten lassen. Wie ein Springpferd galoppiert es leichtfüßig über Flowtrails und lädt zum Spielen an Wellen und Absprungkanten ein. Für die schwerfälligen Arbeitstiere im Test hat es nur ein müdes Lächeln übrig! Mit der natürlichen Motorcharakteristik aus dem Shimano EP8-Motor, den gemischten Laufradgrößen mit 29” vorne und 27,5” hinten und dem poppigen Fahrwerk mit 150/155 mm Federweg ist es wie dafür gemacht, die heimischen Trails zu erkunden. Und mit einem Preis von 6.299 € für die 900-Wh-Variante muss man nicht mal eine zweite Hypothek aufs Haus aufnehmen!

Tief in die Trickkiste gegriffen – Canyon zieht beim neuen Spectral:ON CF 8 2022 alle Register

Canyon hat dem Spectral:ON CF8 einen schicken Vollcarbonrahmen verpasst. Das Unterrohr ist von der Seite sehr schmal, von oben aber sehr breit, um den selbst entworfenen Riesenakku zu beherbergen. Dieser sitzt für eine bessere Gewichtsverteilung vor dem Motor tief im Unterrohr. Das Bike wurde nicht nur um den Akku herum entwickelt, er übernimmt auch mehr Funktionen als üblich: Der Einschaltknopf auf dem Unterrohr betätigt nur mechanisch den darunter liegenden Einschalter auf dem Akku. Und Motor und Ladegerät teilen sich den Stromanschluss am Akku. Leider sitzt der magnetisch vor dem Tretlager befestigte Motorstecker nicht fest, was bei Fußkontakt zu Motoraussetzern führen kann.

Das Canyon Spectral:ON CF8 vereint wie kein zweites Bike im Test einen großen Akku mit einem leichtfüßigen Handling.

Der Akku gibt den Strom über den gleichen Port an den Motor weiter, über den er geladen wird. Wegen der großen Abdeckung kommt man leicht mit dem Fuß an den Stecker – Motoraussetzer sind die Folge.
Die Welt steht Kopf – der Akku lässt sich am leichtesten aus dem Spectral ziehen, wenn es verkehrt herum steht. Dazu muss man vorher das Motorcover wegklappen und zwei Schrauben lösen.
Der Power-Button ist nicht mehr direkt mit dem Motor verkabelt, sondern betätigt nur indirekt den Schalter am darunterliegenden Akku. Darum entfällt auch der USB-Ladeport fürs Smartphone.
Der Shimano EP8-Motor ist nach oben rotiert in den Rahmen integriert. Dadurch findet der lange Akku vor dem Motor im Unterrohr Platz.

Canyon Spectral:ON CF8

6.299 €

Ausstattung

Motor Shimano EP8 85 Nm
Akku TrendPower Simplo 900 Wh
Display Shimano SC-EM 8000
Federgabel FOX 36 Rhythm 150 mm
Dämpfer FOX Float DPS Performance 155 mm
Sattelstütze Iridium 170 mm
Bremsen Shimano SLX M7120 200/200 mm
Schaltung Shimano XT/SLX/DEORE 12
Vorbau Canyon 45 mm
Lenker Canyon 780-800 mm
Laufradsatz Sunringle Düroc SD37/42 29"/27,5"
Reifen MAXXIS ASSEGAI Exo/Minion DHR II EXO+ 2,5"/2,6"

Technische Daten

Größe S - XL
Gewicht 23,94 kg
Zul. Gesamtgewicht 130 kg
Max. Gewicht Fahrer/Equipment 106 kg
Anhänger-Freigabe nein
Ständeraufnahme nein


Kontaktaufnahme – zwischen der Kette und dem Kettenstrebenschutz ist kaum Platz. Dadurch streift die Kette oft am Schutz und nimmt Dreck auf.
Die günstige FOX 36 Rythm-Gabel mit wenig Einstelloptionen macht auf flowigen Trails ihren Job. Auf anspruchsvollen Abfahrten unter schweren Fahrer leidet aber die Präzision bei schnellen Schlägen.
Die Züge verschwinden durch einen Acros-Steuersatz im Rahmen. Im Lieferumfang enthaltene Gummistöpsel mit Löchern für je ein bis zwei Züge verhindern, dass Schmutz in den Rahmen eindringt.
Der spezielle Canyon-Flaschenhalter stützt sich am Tretlagerbereich ab und kommt ohne tiefe Gewinde aus. Dadurch kann Canyon das Unterrohr noch schlanker halten.
Größe S M L XL
Sattelrohr 420 mm 440 mm 460 mm 480 mm
Oberrohr 589 mm 613 mm 637 mm 663 mm
Steuerrohr 115 mm 125 mm 135 mm 145 mm
Lenkwinkel 65,5° 65,5° 65,5° 65,5°
Sitzwinkel 76,5° 76,5° 76,5° 76,5°
Kettenstrebe 440 mm 440 mm 440 mm 440 mm
Tretlagerabsenkung 36 mm 36 mm 36 mm 36 mm
Radstand 1.194 mm 1.223 mm 1.252 mm 1.281 mm
Reach 435 mm 460 mm 485 mm 510 mm
Stack 634 mm 643 mm 652 mm 661 mm
Helm Oakley DRT 5 | Brille 100% Speedcraft | Hippack CamelBak Podium | Jacke Gore Lupra
Hose Gore Fernflow | Schuhe Five Ten Freerider Pro Primeblue

Durch die neue Rolle des Akkus konnten andere Aspekte des Bikes vereinfacht werden: Canyon konnte so einen leichten und dennoch steifen Carbonrahmen mit wenigen Rahmenöffnungen und vereinfachtem Kabelbaum realisieren. In der Handhabung führt das jedoch zu Einschränkungen: Den verschraubten Akku kann man nur entnehmen, wenn das Canyon auf der Seite liegt oder auf dem Kopf steht, zudem hat die Akkufixierung etwas Spiel und ist fummelig. Eine Anhängerfreigabe oder eine alltagstaugliche Vollausstattung mit Schutzblechen, Gepäckträger, Ständer oder Licht gibt es beim Spectral:ON nicht. Mit der zweitniedrigsten Zuladung von 106 kg haben schwere Fahrer auch kaum Spielraum für volle Tourenrucksäcke. Auf Touren glänzt es zwar mit enormer Reichweite und der bequem kompakten, relativ aufrechten Sitzposition. Das Fahrwerk liefert aber nicht den gleichen Komfort wie softer abgestimmte Bikes, z. B. das Moustache Trail 7 oder FOCUS JAM² 7.9.

Auf dem Trail schlägt die Sternstunde des neuen Canyon Spectral:ON CF8 2022

Sind die Trails bei euch gespickt mit Sprüngen, flowigen Kurven und Trailfeatures? Dann findet ihr im Vergleichstest kein E-MTB, das länger Spaß bietet. Nur das Orbea Rise liefert durch das noch intuitivere Handling mehr Fahrspaß bergab, shuttelt euch aber mit dem gedrosselten Motor nicht so bequem und schnell zum Traileinstieg. Das Canyon zeigt auf Flowtrails seinen direkten, agilen Fahrcharakter. Trotz großem Akku zieht man es durch das FOX-Fahrwerk mit viel Pop leicht in die Luft. Lenkimpulse setzt es schnell um. Die 440 mm kurzen Kettenstreben und der kleine Hinterreifen verleihen ihm ein wendiges Heck. Will man eine schnellere Gangart durch verblocktes Gelände anschlagen, verlässt das Canyon seine Komfortzone.

Das Canyon lebt für Flowtrails! Auf verblockten Passagen – v. a. beim Treten in der Ebene oder beim Beschleunigen – muss man aber auf die niedrige Tretlagerhöhe achten, um nicht aufzusitzen.

Bei Highspeed reicht es nicht an die Laufruhe eines MERIDA eONE SIXTY oder Mondraker Crafty R heran. Schwere und schnelle Biker sollten auf robustere Reifenkarkassen upgraden – die verbauten EXO/EXO+ Karkassen sind für Touren und leichtere Fahrer jedoch voll okay. Das tiefe Tretlager und das weit nach vorne gezogene Motorcover provozieren Motoraufsetzer über Stufen und Kanten; uns ist schon ein Cover angebrochen! Auch bergauf nimmt man besser die Schotterrampe als den technischen Trail. Zu den Motoraufsetzern kommen, wenn man unvorsichtig fährt, noch Pedalaufsetzer – das bringt Anfänger schnell aus der Balance. Der Shimano EP8 kann nicht mit dem Antritt eines Giant-Motors oder der Durchzugsstärke der Bosch-Antriebe mithalten und durch die leicht hecklastige Gewichtsverteilung bergauf muss man auf technischen Kletterpassagen Druck auf die Front des Spectral:ON geben.

Tuning-Tipp: Schwere und schnelle Fahrer greifen zu Reifen mit robusteren Karkassen wie EXO+ vorne und Doubledown hinten

Hier ist Durchhaltevermögen angesagt! Mit dem großen 900-Wh-Akku eignet sich das Canyon für lange Entdeckungstouren. So erkundet man selbst den verstecktesten Trail im heimischen Wald.

Qualitäten

1

Design

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  2.  

Qualität

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Handhabung

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Preis-Leistung

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Einsteigerfreundlichkeit

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Expertentauglichkeit

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Einsatzbereich

Alltagseinsatz

Tour

Flowtrails

Schnell & anspruchsvoll

Technische Uphills

Fazit

Canyon ist mit dem neuen Spectral:ON CF 8 ein sehr gutes E-MTB für aktive Biker gelungen, die gerne unzählige Stunden auf Flowtrails verbringen. Dafür ist das leichte E-MTB trotz Riesenakku und mit poppigem Fahrwerk ideal. Zudem ist das Design sexy, die gewichtssparenden Rahmendetails sind clever und der Preis ist heiß! Reichweitenängste sind ebenfalls passé! Durch das leicht nervöse Handling bei hohem Tempo und die häufigen Aufsetzer in technischem Gelände ist es aber nicht für alle Fahrertypen und Könnerstufen zu empfehlen.

Tops

  • Top-Handling auf Flowtrails
  • zwei wählbare Akkugrößen, Reichweitenängste Adieu!
  • leichtes Gewicht trotz hoher Akkukapazität

Flops

  • Motor- und Pedalaufsetzer in technischem Terrain
  • gelegentliche Motoraussetzer bei Fußkontakt mit Ladeport

Mehr Informationen findet ihr unter canyon.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste E-Mountainbike 2022 bis 6.500 € – 11 günstige Modelle im Test

Alle Bikes im Test: Bulls Sonic EVO AM-SL1 (Zum Test) | Canyon Spectral:ON CF8 | Centurion Numinis R2700i (Zum Test) | FOCUS JAM² 7.9 (Zum Test) | Giant Trance X E+19 (Zum Test) | MERIDA eONE-SIXTY 975 (Zum Test) | Mondraker Crafty R (Zum Test) | Moustache Trail 7 (Zum Test) | Orbea Rise H15 (Zum Test) | Rossignol Mandate Shift XT (Zum Test) | SCOTT Patron eRide 920 (Zum Test)


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Words: Rudolf Fischer Photos: Mike Hunger

Über den Autor

Rudolf Fischer

In seinem früheren Leben war Rudolf in der Innovationsförderung tätig und hat Patentbewertungen im Millionen- und Milliardenbereich durchgeführt. Heute widmet er sich als Redakteur für DOWNTOWN und E-MOUNTAINBIKE nicht weniger spannenden Aufgaben. Als Data-Nerd beschäftigt er sich intensiv mit Zukunftsthemen wie Connected Mobility, testet aber natürlich auch gerne die neuesten Bikes, und zwar täglich. Entweder beim Pendeln oder zusammen mit dem Team bei unseren großen Vergleichstests. Der technisch orientierte Diplom-Betriebswirt ist so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Beispiele gefällig? Rudolf beherrscht u. a. Front-, Side- und Backflip – zwar nicht auf dem Bike, aber per pedes in der Stadt. Seine Parkour-Karriere hat er mittlerweile jedoch an den Nagel gehängt. Darüber hinaus spricht er Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und etwas Esperanto. Beim Versuch, sich selbst Japanisch beizubringen, ist er jedoch kläglich gescheitert. Wichtig zu wissen: Im HQ ist Rudolf bekannt, gefürchtet und (manchmal auch) gehasst für seinen trockenen Humor im Ricky-Gervais-Stil. Natürlich lacht er am meisten selbst darüber …